Interview mit Herrn Lewandowski (nicht mit Robert Lewandowski verwechseln)
Autoren: Grigore Sbarcea-Valeriu und Irina Burla
Herr Lewandowski ist unser Deutsch- und Geschichtslehrer. Sein Abenteuer an unserer Schule begann vor drei Jahren, gleichzeitig mit unserem Weg ins rumänische Gymnasium. Bis vor einigen Tagen kannten wir ihn nur als den netten Lehrer, der uns regelmäßig Süßigkeiten bringt und immer schon vor Beginn der Stunde in der Klasse sitzt. Doch mehr wussten wir eigentlich nicht. Dank dieses Interviews hatten wir die Gelegenheit zu erfahren, wer Herr Lewandowski abgesehen von seinem Beruf als Person ist.
Kindheit und berufliche Entscheidung
Unsere erste Frage an Herrn Lewandowski drehte sich um seine Kindheit. Er erzählte uns, dass er eine sehr ruhige Kindheit hatte, wobei er in der DDR, genauer gesagt in Ribnitz in Norddeutschland, aufgewachsen ist. Den Großteil seiner Freizeit verbrachte er draußen, wo er meist Fußball spielte oder angeln ging.
Auf die Frage, ob er schon immer Lehrer werden wollte, gab er zu, dass dies nicht der Fall war. Zunächst wollte er Koch werden, doch in der 12. Klasse entschied er sich, Lehrer zu werden, inspiriert durch einige seiner Lehrer, denen er bis heute dankbar ist. Damals bewarb er sich zielstrebig für diesen Beruf, da er keine anderen Alternativen sah, was auch an einem Mangel an Informationsveranstaltungen für Jugendliche lag. Er glaubt jedoch, dass er sich heutzutage etwas mehr Zeit nehmen würde, um über seine Berufswahl nachzudenken, sich letztlich aber doch für den Lehrerberuf entscheiden würde.
Ursprünglich wollte Herr Lewandowski auch Sport unterrichten, doch er bestand die entsprechende Prüfung an der Universität nicht und entschied sich stattdessen für Geschichte. Obwohl er gerne Deutsch unterrichtet, da man sich mit der Philosophie der Bücher beschäftigen und kreative Szenarien entwickeln kann, bevorzugt er es insgesamt, Geschichte zu unterrichten – besonders seit seiner Ankunft in Rumänien.
Was macht einen guten Lehrer aus?
Wir waren neugierig, welche Fähigkeiten Herr Lewandowski als grundlegend für den Lehrerberuf betrachtet. Er erklärte, dass ein guter Lehrer Empathie besitzen und versuchen müsse, die Dinge auch aus der Perspektive der Schüler zu sehen. „Man weiß nie, unter welchem Druck sich Kinder befinden oder was in ihrem Privatleben passiert, was ihr Verhalten beeinflusst“, sagte er. Belastbarkeit, Strenge und Disziplin seien ebenfalls entscheidend, Eigenschaften, die er sich im Laufe der Jahre durch seine Erfahrungen angeeignet habe. Anfangs wollte er der „Kumpeltyp-Lehrer“ sein, doch er habe schnell gemerkt, dass eine gute Beziehung zu den Schülern auf Disziplin und gegenseitigem Respekt beruhen müsse.
Das Leben in Rumänien
Viele Menschen – besonders Rumänen – seien überrascht, wenn sie hören, dass ein Ausländer sich entscheide, in Rumänien zu leben. Herr Lewandowski erzählte, dass er vor seiner Ankunft im August 2022 fast nichts über das Land gewusst habe und sich absichtlich nicht vorbereitet habe, da er sich überraschen lassen wollte. Er habe sich zuvor in mehreren Ländern beworben, habe aber gewusst, dass er Deutschland verlassen wollte. Schließlich habe er ein Angebot in einem Telefongespräch mit Herrn Wulf bekommen, das er sofort angenommen habe.
Sein Abenteuer habe mit einer Fahrt durch Oradea begonnen, die er sehr schön fand, gefolgt von Sibiu, wo er in einen Autounfall verwickelt wurde. Seine Hinterlichter gingen kaputt, was ihm Angst vor einem möglichen Polizeistopp bereitet habe. Als er schließlich in Bukarest angekommen, sei er zunächst wenig begeistert gewesen. Doch während der feierlichen Eröffnung des Schuljahres habe sich seine Meinung geändert, und er habe begonnen, sich an die neuen Umstände anzupassen. Auch seine Familie sei anfangs skeptisch gewesen, da es viele Vorurteile über Rumänien gebe. Doch nach Besuchen in Bukarest änderte sich ihre Meinung, da sie die Stadt besser kennenlernen konnten.
Freizeit und Zukunftspläne
Abseits seines Berufs verbringt Herr Lewandowski seine Freizeit gerne aktiv. Er geht viel spazieren, auch wenn das Wetter dies aktuell weniger zulässt. Außerdem schwimmt er zweimal pro Woche und besucht regelmäßig Heavy-Metal-Konzerte mit Herrn Goldbeck. Früher spielte er leidenschaftlich Volleyball und würde dies gerne wieder tun, findet jedoch schwer Zeit dafür. Was die Zukunft betrifft, plant Herr Lewandowski, noch drei weitere Jahre in Rumänien zu bleiben. Danach muss er für mindestens drei Jahre nach Deutschland zurückkehren, da er Angestellter des deutschen Staates ist. Anschließend würde er jedoch gerne erneut ins Ausland gehen, um zu unterrichten.
Seine Botschaft an uns lautet: „Es ist euer Leben. Egal, wo ihr später studiert oder lebt – folgt euren Träumen und euren Zielen.“
Nachdem wir viel über die berufliche Seite von Herrn Lewandowski erfahren hatten, lenkten wir das Gespräch auf tiefgründigere Themen, um seine Perspektiven auf gesellschaftliche und politische Entwicklungen besser zu verstehen.
Herr Lewandowski wurde gefragt, ob er in Deutschland eine Art unbewusste Zensur in der Öffentlichkeit oder in Schulen wahrgenommen habe. Er erklärte, dass sich die Gesellschaft in den letzten Jahren stark verändert habe, insbesondere durch den Einfluss von Populismus und sozialen Medien wie TikTok. Während der Corona-Pandemie hätten sich Verschwörungstheorien rasant verbreitet, und viele Menschen hätten Schwierigkeiten gehabt, seriöse Informationen von Falschmeldungen zu unterscheiden. Er glaubt, dass Schulen hier eine wichtige Rolle spielen sollten, indem sie den Schülern beibringen, Medien kritisch zu hinterfragen und Informationen besser zu selektieren. Seiner Meinung nach müsse die Demokratie gestärkt werden, um Frieden und Stabilität zu sichern. „Je mehr Demokratie, desto friedlicher ist die Welt“, meinte er und äußerte die Hoffnung, dass die aktuellen Herausforderungen nicht in einer Wiederholung der Geschichte münden.
Im Gespräch über die Rolle von Lehrern in verschiedenen Ländern erklärte Herr Lewandowski, dass er sich sowohl in Rumänien als auch in Deutschland als Lehrer frei fühle, sensible Themen zu behandeln. Allerdings fügte er hinzu, dass Eltern manchmal kritisch auf bestimmte Themen reagieren könnten. „Man kann nicht alles vorab filtern, aber solche Diskussionen sind wichtig und dürfen nicht vermieden werden.“
Auch die persönliche Seite kam danach im Interview nicht zu kurz. Herr Lewandowski erzählte, dass er sich anfangs sehr motiviert hatte, Rumänisch zu lernen. Duolingo war eine seiner meistgenutzten Apps, doch der Zeitmangel habe ihn davon abgehalten, sie weiterhin intensiv zu nutzen. Er versteht mittlerweile vieles, traut sich aber selten zu sprechen, da er befürchtet, Fehler zu machen. Als er uns mitteilte, wie ihn Schüler manchmal auslachen, wenn er versucht, rumänische Brocken auszusprechen, haben wir ihm versichert, dass es eigentlich sehr nett sei. Wir sind stolz darauf. Dennoch versprach er, sich in den nächsten drei Jahren stärker zu bemühen, die Sprache besser zu beherrschen. „Vielleicht kann ich euch beim Abiturschluss ein paar Worte auf Rumänisch sagen“, sagte er uns noch.
Auf die Frage nach seinen Wurzeln erklärte Herr Lewandowski, dass seine Urgroßmutter aus Schlesien stamme und während des Zweiten Weltkriegs nach Ostdeutschland geflohen sei. Obwohl er keine direkte Verbindung zu Polen habe, spüre er eine gewisse Orientierung nach Osten – ein innerer Kompass sozusagen, die ihn letztendlich auch nach Rumänien führte.
Über die rumänischen Schüler
Besonders beeindruckt ist Herr Lewandowski von der Motivation und Reife der rumänischen Schüler. „Sie sind sehr höflich und wissen früh, was sie später machen wollen“, lobte er. Gleichzeitig genieße er die respektvolle Haltung der Schüler, obwohl er scherzhaft hinzufügte, dass er noch nicht wisse, wie sie hinter seinem Rücken über ihn sprechen. Außerdem sei die Pünktlichkeit auch eine wesentliche Schwäche für uns – tja… Er bewundert auch die starke soziale Verbundenheit innerhalb der Klassen und die Tatsache, dass es weniger Konkurrenz unter den Schülern gebe als in Deutschland.
Ein Blick in die Zukunft
Auf die Frage, ob er sich eine Familie vorstellen könne, antwortete er, dass er sich dafür die Möglichkeit offenhält. Er fügte noch scherzhaft hinzu, dass er noch nicht wisse, was ihm das Schicksal vorbehalte.
Ein Leben in Bukarest
Herr Lewandowski berichtete, dass er Bukarest inzwischen als eine faszinierende Stadt empfinde, die ihm immer mehr ans Herz wachse. Besonders begeistert sei er von den vielen Grünflächen, wie dem Herăstrău-Park, und den historischen Gassen der Altstadt Lipscani. Dennoch betonte er, dass man in der Altstadt auf die Uhrzeit achten müsse, da sich das Flair abends stark verändere. „Bukarest ist viel grüner, als man denkt, aber die Luftqualität ist leider nicht die beste, und der Verkehr ist unglaublich chaotisch“, erzählte er. Orte wie der Palast des Volkes, die beeindruckenden Springbrunnen der Stadt oder der Lacul Morii hätten ihn beeindruckt, ebenso die Skyline Bukarests. Allerdings bedauert er, dass die Stadt kein Meer in der Nähe hat, da er die Ostsee in Deutschland sehr vermisse. Trotzdem habe er es schon ans rumänische Meer geschafft und dort die Zeit genossen.
Ein kleiner Rückblick auf die Schulzeit
Auch über seine eigenen Schulerfahrungen plauderte Herr Lewandowski offen. Er gab zu, dass er in Biologie wegen einem Streit mit dem Lehrer oft Schwierigkeiten hatte. Chemie habe ihn ebenfalls herausgefordert, vor allem, weil es manchmal kompliziert gewesen sei, sich Formeln zu merken. Dagegen sei er in Mathematik und Physik immer sehr gut gewesen. Diese Mischung aus Schwächen und Stärken habe ihn auch gelehrt, Verständnis für Schüler zu entwickeln, die mit einzelnen Fächern Schwierigkeiten haben.
Rumänische Gesellschaft
Ein spannender Teil des Interviews drehte sich um die kulturellen Unterschiede zwischen Rumänien und Deutschland. Herr Lewandowski erklärte, dass er die Rumänen als „demütiger und lebensgelassener“ empfinde, auch wenn das Leben nicht immer das Beste sei. Besonders im Verkehr können sie durchaus mal laut werden könne. Das sei jedoch nicht unbedingt aggressiv gemeint, sondern einfach die Art, wie Rumänen es lieben zu kommunizieren. Außerdem habe er den Eindruck, dass in Rumänien viele Dinge nicht so ernst genommen würden wie in Deutschland, was eine gewisse Lockerheit mit sich bringe, die er sehr schätze.
Das Interview bot uns einen faszinierenden Einblick in die Gedankenwelt und Erfahrungen von Herrn Lewandowski – einem Lehrer, der uns in allem beeindruckt. Seine Projekte im Unterricht haben uns als Schüler immer sehr begeistert, weil sie uns auch für die Zukunft erhalten bleiben werden. Darunter sind Dinge wie Stop-Motion-Videos, Theaterstücke oder auch Trailer, Debatten mit Figuren aus Büchern, um die Problematik besser zu verstehen, kreatives Schreiben oder wild durch die Klasse zu rennen, um uns die literarischen Strömungen besser zu merken. Auch die zweite Veranstaltung seines Fußballturniers, dem Goethe-Cup, wird sehnsüchtig erwartet.