”M wie Mathe, Musik, Mensch und Herr Merz – ein Interview”

Autoren: Irina Avram-Popa,

Alexandru Schiller

   Das Interview mit Herrn Merz bietet einen lebendigen Einblick in das Leben und die Haltung eines Lehrers, der weit mehr als nur Mathematik vermittelt. Von einer bewegten Kindheit in Karlsruhe über prägende schulische Erfahrungen bis hin zu seinem Schritt nach Bukarest zieht sich ein roter Faden aus Begeisterung, Humor und Menschlichkeit. Deutlich wird, dass Herr Merz nicht nur Wissen weitergeben, sondern junge Menschen auf ihrem Weg begleiten möchte – mit Geduld, Offenheit und einem Augenzwinkern.
 

Eine Kindheit voller Bewegung und Musik

Herr Merz stammt aus dem „sonnigen“ Karlsruhe, wo er eine sehr glückliche Kindheit erlebte. Sport und Musik prägten seinen Alltag: Fußball, Tennis und alpiner Skilauf im Winter auf der einen Seite, Blockflöte, Gitarre und Gesang auf der anderen. Er meinte scherzhaft: „Wenn ich nicht gerade einen Ball geschossen habe, hab ich Töne getroffen – oder es zumindest versucht.“ Seine Kindheit beschreibt er als harmonische Mischung aus Bewegung und Melodie.

 

Schule zwischen Taktgefühl und Kopfrechnen

Auch in der Schule spielten Mathematik, Musik und Sport die größte Rolle. Schon früh ermutigten Lehrer ihn, auf der Bühne zu stehen, und so wechselte er bald auf ein Musikgymnasium. Besonders prägend sei der Schulleiter und Mathematiklehrer Herr Öttinger gewesen, der seine Schüler mit mathematischen Rätseln forderte. Unvergesslich seien zudem die Konzertreisen mit dem Chor nach Chile, Argentinien oder Namibia gewesen, die ihm nicht nur Auslandsschulen näherbrachten, sondern auch neue Kulturen eröffneten.

 

Die Leidenschaft für Zahlen

In der Unterstufe entfachte Herr Öttinger bei Herr Merz große Begeisterung für Mathematik. Später ließ diese etwas nach, bis eine junge Lehrerin in der Oberstufe es verstand, abstrakte Inhalte lebendig zu machen. Ihre

Energie habe mitentscheidend dazu beigetragen, dass Herr Merz später Mathematik studierte.

 

Warum Lehrer?

Einen klaren „Aha-Moment“, Lehrer werden zu wollen, habe es nicht gegeben. Vielmehr sei es ein schleichender Prozess gewesen. Herr Merz betonte, dass er sich nicht früh entschieden habe, Lehrer zu werden, wohl aber schon früh wusste, dass er mit Menschen arbeiten wollte. Ihm sei es immer um mehr gegangen, als nur Wissen zu vermitteln. Er wollte junge Menschen auf ihrem Weg begleiten und sie fachlich wie auch menschlich unterstützen. Mathematik und Sport seien schließlich eine natürliche Fächerwahl gewesen – auch, weil die Schulmusik mit hohen Klavieranforderungen nicht in Frage kam.

 

Die ersten Schritte im Klassenzimmer

Seine ersten Erfahrungen als Lehrer machte Herr Merz an seiner eigenen alten Schule. Danach unterrichtete er in Pforzheim, wo er auch sein Referendariat absolvierte. Dort blieb er bis 2020. Privat zog er 2017 mit seiner Frau nach Zaberfeld, in eine „gemütliche Schlosswohnung mit Sandsteinsäulen, ein kleiner Ort mit großem Charme„.

 

Ein neuer Anfang in Rumänien

Nach fast zehn Jahren an derselben Schule verspürte Herr Merz den Wunsch nach Veränderung. Zugleich führten er und seine Frau damals eine Fernbeziehung zwischen Karlsruhe und Bremen, rund 600 Kilometer. Da dies auf Dauer kein Zustand sein konnte, überlegten beide, welche gemeinsamen Optionen es gebe. Auslandserfahrung erschien attraktiv, und durch die rumänischen Wurzeln seiner Frau rückte Rumänien besonders in den Vordergrund. Als sich die Möglichkeit ergab, an die deutsche Auslandsschule in Bukarest zu wechseln, ergriffen sie die Chance.

 

Bukarest: Chaos und Herzlichkeit

Sein erster Eindruck von Bukarest sei eine Reizüberflutung gewesen. Der Verkehr habe ihn zunächst wie ein chaotisches System überrascht. Auch die beengten Räumlichkeiten an der Schule wirkten ungewohnt, doch habe sich schnell gezeigt, dass der Unterricht gut funktioniere. Besonders positiv hob Herr Merz den Fleiß und die Selbstständigkeit der Schülerinnen und Schüler hervor. Gleich in seiner ersten Stunde habe ihn ein Elftklässler beruhigt mit den Worten: „Keine Sorge, Herr Merz. Wir verstehen Sie sehr gut. Sie können ruhig normal sprechen – und auch Witze machen“. Dieses unerwartet humorvolle Feedback habe ihm sofort Sicherheit gegeben. Heute empfindet er Bukarest und die Schule als festen Bestandteil seines Lebens.

Teil II:

„Mathematik darf lebendig sein“ – Herr Merz

 

 

Unterricht zwischen Lachen und Konzentration

Für Herrn Merz ist klar: Mathematik muss nicht immer mit „gerunzelter Stirn“ stattfinden. Vielmehr soll der Unterricht auch lebendig, unterhaltsam und manchmal sogar witzig sein. „Wenn im Unterricht gelacht wird oder sich eine lebhafte Diskussion an einem scheinbar kleinen Detail entzündet, dann zeigt das für mich: Hier passiert echtes Denken.“
Dabei betont er aber auch die Balance: Nach einem lockeren Moment müsse der Fokus wieder zurückkehren. Gerade in den Klassen 9 und 10 werde das noch gemeinsam geübt – „mit Geduld, Humor und dem einen oder anderen freundlichen Reminder“. Sein Wunsch ist, dass Schülerinnen und Schüler sich später nicht nur an Parabeln und Ableitungen erinnern, sondern auch daran, dass Mathematik Freude machen kann.

 

Was einen guten Schüler ausmacht…

„Ein guter Schüler ist für mich jemand, der neugierig bleibt, auch wenn’s mal knirscht im Gehirn.“ Fragen zu stellen sei dabei nicht störend, sondern ein Zeichen dafür, dass ein Gedanke reift und hinauswill. Für ihn gehören Mitdenken, Nachfragen und aktive Mitarbeit genauso dazu wie die Fähigkeit, über Mathe zu lachen – „selbst wenn es gerade nicht um Memes, sondern um Matrizen geht.“
Fehler haben für Herrn Merz einen hohen Stellenwert: Wer aus ihnen lernt, ist auf dem richtigen Weg. Außerdem erwartet er von seinen Schülerinnen und Schülern Verantwortungsbewusstsein und Respekt. Lernen sei schließlich „kein Soloritt, sondern manchmal ein ziemlich buntes Teamprojekt.“

 

Ein Kompass fürs Leben

Neben seinem Unterricht sind für Herrn Merz Werte wie Ehrlichkeit, Respekt und Hilfsbereitschaft entscheidend – nicht als Schlagworte, sondern als praktische Wegweiser im Alltag. Eine selbstgeschriebene Lebensphilosophie habe er nicht, aber zwei Sätze begleiten ihn:

  • „Behandle andere so wie du selbst behandelt werden möchtest.“
  • „Wenn jeder Mensch einen Ort ein kleines bisschen besser zurücklässt, als er ihn vorgefunden hat – wie würde unsere Welt dann aussehen?“
Was Mathematik über das Leben lehrt

Wer glaubt, Mathematik sei nur nüchtern und emotionslos, irrt sich, meint Herr Merz. Vielmehr könne man darin erstaunlich viel fürs Leben entdecken: Geduld, Ausdauer und die Erkenntnis, dass Probleme nicht sofort gelöst werden müssen, sondern Schritt für Schritt. Fehler seien keine Niederlage, sondern eine Einladung, genauer hinzusehen.
„Es gibt Struktur im Chaos“, erklärt er, und genau das könne beruhigen, wenn das Leben unübersichtlich wirkt. Und noch etwas: Mathematik sei zutiefst relational – „es kommt auf die Beziehungen an. Zwischen Zahlen, zwischen Variablen, zwischen Menschen.“

 

Zwischen Familie, Natur und Musik

Abseits des Unterrichts verbringt Herr Merz seine Zeit am liebsten mit seiner Tochter Victoria. Wann immer es geht, zieht es ihn hinaus in die Natur zum Wandern oder Schwimmen – ein wohltuender Ausgleich zum chaotischen Schulalltag. Eine eher unerwartete Leidenschaft verrät er ebenfalls: das Singen im Männerquartett. Mit Freude interpretiert er dort Stücke zwischen Comedian Harmonists und Barbershop.

 

Musik, Filme und Bücher

Bei Musik lässt er sich ungern auf ein Genre festlegen. Vom epischen „Gladiator“-Soundtrack über Metal-Nachhilfe durch Kollegen bis hin zu Eminem, Linkin Park oder deutschem Pop – seine Playlist ist bunt. Auch bei Filmen darf es abwechslungsreich sein: Mal explosive Action mit „Fast & Furious“ oder Nostalgie mit „Stirb langsam“, mal Tiefgang mit „A Beautiful Mind“. Und wenn er liest, dann gern düster und spannend – sein Lieblingsbuch: Cupido von Jilliane Hoffman.

 

Ein Rat zum Schluss

Seinen Schülerinnen und Schülern möchte er eine wichtige Botschaft mitgeben: „Nimm dein Leben ernst – aber dich selbst nicht zu sehr.“ Fehler seien erlaubt, Ausprobieren und Scheitern genauso wertvoll wie gute Noten. „Es hilft niemandem, wenn du die Binomischen Formeln kannst, aber nicht weißt, wie man sich entschuldigt oder zuhört.“

03.10.25

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