DSA und dann? – Gespräche mit unseren Alumni

Autoren: Masha Măndăchescu, Irina Avram, Alex Schiller

DSA und dann? – Gespräche mit unseren Alumni

Teil I: Victor Fodor

Jedes Jahr verlässt eine neue Generation unsere Schule. Manche studieren dann weiter in Rumänien, manche in Deutschland und einige auch in ganz anderen Ländern. Natürlich stellt sich vor dem Schulabschluss für viele Schülerinnen und Schüler die Frage, welches Studium und welcher Studienort wohl am besten für sie passen würde.

Einige ehemalige Schüler der Spezialabteilung, die das Abitur letztes Jahr absolviert haben, haben sich dafür bereit erklärt, uns ein paar Fragen zu beantworten und uns damit einen Einblick in ihr jetziges Studentenleben zu verleihen.

Bei unserem ersten Gast handelt es sich um Victor Fodor, den ehemaligen Schüler der Klasse 12C des Jahrgangs 2023/24. Nun studiert Victor Medizin in Heidelberg, Deutschland.

„Ich bereue weder die Entscheidung, in Deutschland zu studieren, noch die Entscheidung, Medizin zu studieren“, so Victor. „Trotzdem möchte ich sowohl die schönen, als auch die weniger angenehmen Aspekte meines Studiums darstellen.“

F: Was waren deine ersten Eindrücke in einem neuen Land und bezüglich der Universität?

A: Da ich bisher schon öfter in Deutschland gewesen bin, war das nicht unbedingt ein neues Land für mich, ich kann also nicht von einem ersten Eindruck sprechen. Allerdings konnte ich nun erfahren, wie es ist, ein Einheimischer und kein Tourist mehr zu sein. Bezüglich der Universität möchte ich erwähnen, dass wir vor dem Beginn des Studiums eine sogenannte Erstiwoche hatten – eine Woche, in der wir uns kennenlernen konnten. Meine ersten Eindrücke entstanden größtenteils während dieser Woche – ich fand zwar, dass die Aktivitäten und Spiele gut organisiert waren, viele von ihnen waren jedoch meiner Meinung nach zu kindisch und absurd.

F: Hast du dich bereits an die neuen Umstände gewöhnt? Wie schwer war das für dich?

A: Ja, ich habe mich mittlerweile an die neuen Umstände gewöhnt. Allerdings war es am Anfang ziemlich herausfordernd. Erstens war der Übergang von der Schule zur Universität eine große Veränderung, und zweitens hatte ich meine Freunde und meine Familie nicht mehr bei mir, was für mich am schwierigsten war. Plötzlich war ich allein, und es ist nicht für alle leicht, so schnell neue Freundschaften an einem anderen Ort zu schließen. Außerdem dachte ich, bevor ich mit dem Studium anfing, dass es der Schule viel ähnlicher sein würde, als es eigentlich ist. Vor allem in den ersten Wochen war es für mich ziemlich schwierig, mich an das intensive Selbststudium zu gewöhnen. Darüber hinaus gibt es keine so persönliche Beziehung mehr mit den Professoren – man muss sich selbst um den eigenen Lernstoff kümmern, man bekommt keine so große Unterstützung  mehr wie während der Schulzeit, sondern man ist eher auf sich allein gestellt. Deshalb würde ich sagen, dass man zum Beispiel nur dann ein guter Arzt werden kann, wenn man fleißig ist und viel selbst lernt und erfährt.

 

 

F: Was sind deiner Meinung nach die größten Unterschiede zwischen der Schule und der Universität?

A: Es gibt viele Unterschiede, da die Universität schließlich der nächste große Schritt nach der Schule ist und somit viele neue Aspekte mit sich bringt. Einer der größten Unterschiede wäre zum Beispiel, dass das Kollektiv in der Universität um einiges umfangreicher ist als in der Schule; die Beziehung mit den Professoren ist deswegen – wie ich es bereits gesagt habe – viel unpersönlicher als in einer Klasse. Anstatt jeden Tag mit denselben Menschen in einem Raum zu sitzen, sieht man täglich neue Gesichter und die Atmosphäre ist somit weniger familiär. Ein anderer Unterschied wäre auch, dass das Lernen anders funktioniert. Erstens haben wir nun viel mehr Lehrnstoff als in der Schule, den wir uns in einer ziemlich kurzen Zeit aneignen müssen und deshalb nicht mehr so viel Zeit für gemeinsame Diskussionen oder kritisches Hinterfragen des Stoffs bleibt. Zweitens müssen wir hauptsächlich selbstständig lernen und man kann sich nicht mehr vollständig auf die Unterstützung der Lehrkräfte verlassen. Obwohl uns zum Beispiel an der DSA beigebracht wird, vieles selber zu recherchieren und zu lernen, geschieht es während des Studiums viel intensiver.

F: Wie findest du die deutsche Gesellschaft im Vergleich zur rumänischen?

A: Ich lebe noch nicht so lange in Deutschland und kenne die deutsche Gesellschaft bisher auch noch nicht so gut, um sie gut genug miteinander vergleichen zu können. Wie bei jedem Land gibt es natürlich auch für Deutschland gewisse Stereotypen, die man den Menschen zuordnet. Einige davon sind wahr, andere auch nicht. Was ich aber sagen kann, ist, dass die meisten Deutschen, denen ich auf der Straße oder in der Universität begegnet bin, sehr höflich sind und auch versuchen, offen zu sein. Trotzdem wirken viele Menschen „kalt“ – nicht, weil sie keine Kommunikationsfähigkeiten hätten, sondern weil sie ihre Privatsphäre haben wollen und zu allen eine gewisse Distanz behalten. Sie wollen den anderen nicht stören und wollen auch nicht gestört werden – die meisten scheinen also auch etwas individualistisch zu sein. Viele von ihnen scheinen mir ebenfalls sehr rational zu sein und verleihen den Eindruck, dass sie sehr praktisch sind. Die Art und Weise, wie sie sich kleiden, was sie einkaufen oder wie sie ihren Alltag verbringen – alles scheint bei ihnen sehr berechnet und organisiert zu sein. Diese alltägliche Disziplin, Pünktlichkeit und Organisation verdient unbestreitbar eine große Wertschätzung und Respekt, aber manchmal kann das auch zu berechnend und daher ein bisschen unmenschlich wirken. 

F: Wie hat dir die DSA bei deinem Studium geholfen?

A: Erstens hat sie mir vom Sprachniveau her sehr geholfen. Ich konnte von Anfang an gut klarkommen und hatte keine Verständnisprobleme, weder im alltäglichen Leben noch während der Kurse in der Universität. Darüber hinaus erwies es sich als sehr hilfreich, dass wir in der Spezialabteilung erfahren haben, wie das Selbststudium funktioniert, da wir in der Universität eher auf uns selbst angewiesen sind und es deshalb um einiges leichter für mich war, mich an das Studium zu gewöhnen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass ich in der Spezialabteilung gelernt habe, multiperspektiv zu denken: Zum Beispiel die Texte nicht nur zu lesen und zu verstehen, sondern sie auch zu interpretieren und zu hinterfragen. Das erweist sich ebenso als überaus hilfreich.

F: Wie sieht der Alltag eines Medizin-Studenten aus? 

A: Für mich persönlich verläuft ein normaler Alltag folgenderweise: Am Morgen habe ich gewöhnlich einen Präparierkurs, wo wir Anatomie an einer Leiche lernen – er dauert ungefähr drei Stunden lang. Danach findet eine Vorlesung statt, die zwar nicht obligatorisch, aber für das Studium hilfreich ist. Nach der Vorlesung esse ich zu Mittag und gehe dann entweder nach Hause oder in die Bibliothek. Am Abend habe ich ein paar mal die Woche Fußballtraining. Wenn ich wieder nach Hause komme, entspanne ich mich oder ich lerne, je nachdem, wie viel ich gerade zu tun habe.

Natürlich habe ich auch Tage, wo ich viel lernen muss für meine Prüfungen und keine Zeit mehr für Fußballtraining oder andere Aktivitäten habe. So würde jedoch ein idealer Tag aussehen.

F: Welche Ratschläge könntest du an die Schüler weitergeben, die in Zukunft Medizin in Deutschland studieren wollen?

A: Ich denke nicht, dass ich bisher genug Erfahrung gesammelt habe, um wirklich gute Ratschläge zu geben. Eines möchte ich aber trotzdem sagen: Ich persönlich habe manchmal den Eindruck, dass die Zeit sinnlos vergeht – was eigentlich nicht stimmt, aber ich glaube, er entsteht dadurch, dass ich meine Familie und meine alten Freunde sehr vermisse. Deswegen, mein Ratschlag: Wenn ihr gute Freunde habt, die dasselbe studieren wollen wie ihr, geht und studiert am besten zusammen. Das wird euch sehr helfen.

14.04.25

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