Ein Einblick in die Diplomatie - Besuch des deutschen Botschafters Dr. Peer Gebauer an der DSA

Autorinnen: Maia Pripis, Sophia Popescu
Der 22. März 2024 ist kein gewöhnlicher Freitag im Konferenzraum des deutschen Goethe Kollegs in Bukarest. Wenn man hereinkommt, kann man bemerken, dass eine Person von großer Bedeutung erwartet wird. Schüler:innen der Klasse 12B und 12C, alle hübsch gekleidet, warten respektvoll. Die Jungen nesteln an ihren Hemdkragen, die Mädchen an ihren Haaren und zusammen überlegen sie, wie sie ihre Neugierde formulieren könnten. Der Geruch von angestrengtem Nachdenken liegt in der Luft. Vom Rand beobachten die Lehrkräfte der deutschen Abteilung die Begeisterung ihrer Schüler. Als die Zeiger der Uhr auf 10:30 Uhr springen, öffnet sich die Tür.   Schluss mit der Spannung! Unser Gast von heute ist Herr Dr. Peer Gebauer, der deutsche Botschafter in Rumänien. Nach vielfältigen Einsätzen in Washington, Tel Aviv, Tokyo, Bangkok und auch im deutschen Bundeskanzleramt ist seine heutige Haltestelle glücklicherweise unsere Schule, damit er aus der Perspektive eines Diplomaten mit Erfahrung Fragen von neugierigen 17-Jährigen beantwortet. Mit einem herzlichen “Guten Tag”, begrüßt das Publikum den Botschafter, der mit einem warmen Lächeln antwortet. Um Herrn Dr. Gebauer einen Eindruck von den Schülern vermitteln zu können, stellt der Leiter der DSA, Herr Elmar Wulff, einige Fragen an die Klassen. Sowohl Interessen als auch Herausforderungen in ihrem Alltag werden erfragt. Dieser spielerische Beginn schafft von Anfang an eine lockere Stimmung auf beiden Seiten. Als die Schüler zum Beispiel als Schwierigkeit, die ihnen in der Spezialabteilung begegnet, schmunzelnd die Pünktlichkeit erwähnen, hört der Botschafter ihnen aufmerksam zu. Das Interesse des Publikums wird auch berücksichtigt, da Herr Wulff Fragen in Bezug auf die Zukunft der Kinder stellt. Dank einer so entspannten Stimmung wird auch die klassische, unangenehme Stille, die oft vor der ersten Frage auftritt, vermieden. Nach einem Augenblick bricht also einer der Schüler mit der Frage, wie der Botschafter zu seiner Position gekommen ist, das Eis.

„Was waren die ersten Schritte in Ihrer diplomatischen Karriere?”

Der Diplomat ruft Erinnerungen an seine Kindheit auf und scherzt, er habe mit zehn Jahren bei der Frage “Was willst du arbeiten, wenn du erwachsen wirst?" kaum erwidert, er wolle später als Diplomat den Weltfrieden retten. Trotzdem war Herr Dr. Gebauer ein gewissenhafter Schüler und strebte nach einer anspruchsvollen Ausbildung, infolgedessen er auch die juristische Fakultät in Deutschland besuchte. Sein Interesse am diplomatischen Arbeiten entwickelte sich aber vor allem während seines Studiums, als er die Gelegenheit eines Praktikums in einer deutschen Botschaft nutzte – ein Wendepunkt in seiner Karriere.
Und doch ist diese Antwort so kurz und schlicht, dass wir uns alle gefragt haben, ob es so einfach ist, Diplomat zu werden, wie unsere Lieblingsserie auf Netflix einzuschalten. Das kann aber nicht der Realität entsprechen, sodass das Gespräch fortgesetzt wird.

„Welche besonderen Fähigkeiten muss ein Mensch in der Diplomatie besitzen?“

Herr Dr. Gebauer tritt bescheiden auf und erwähnt nicht jede einzelne seiner Leistungen, die er erbracht hat, um seine Position zu erreichen, sondern beschreibt eher Strategien, mit denen er erfolgreich wurde. “Die Diplomatie schwebt zwischen Recherche und Dialog. Doch oft begegnet man Situationen, wo der Adressat, zum Beispiel Vertreter anderer Staaten, nicht dieselbe Sichtweise hat. In diesem Rahmen musst du genau die Essenz des Konzepts ‘Diplomat zu sein’ anwenden”. Stichwort: Kooperation und Verhandlungsgeschick. Oft müsse man Kompromisse machen, um ein gemeinsames Verständnise in dem entsprechenden Kontext zu erreichen. Dieses Handeln sollte man nicht als eine Art Schwäche wahrnehmen. Im Gegenteil, man solle es als Gelegenheit nutzen, um dadurch eine gemeinsame, ausgewogene Absprache zu treffen. Aus seiner Antwort können wir unter anderem ableiten, dass sich seine Arbeit intensiv mit den Netzwerken zwischen den Ländern beschäftigt.

„Welche Rolle hat der Erwerb von Fremdsprachen in Ihrer Arbeit?”

Wir bemerken, dass er gerne Auskunft über die Fähigkeiten, die ein Vertreter eines Landes in diesem Bereich besitzen sollte, gibt, deshalb wollen wir mehr darüber erfahren. Die Rolle der Fremdsprachen wird in diesem Sinne thematisiert. Dabei unterstreicht der Botschafter die Wichtigkeit der Mehrsprachigkeit. Er bezeichnet sich selbst als jemanden, der nicht über eine besondere Begabung für Fremdsprachen verfügt. In seinen Aufenthalten in Japan, Thailand oder Israel habe er dennoch stets versucht, Fremdsprachenkenntnisse zu erlangen. Dies sei neben der Universalsprache Englisch ein entscheidender Punkt, um die Beziehung mit Vertreter anderer Länder zu erleichtern.

“Was lieben Sie an Ihrer Arbeit?”

Auch wenn wir alle möglichst viele Ratschläge annehmen möchten, wollen wir auch herausfinden, welche Leidenschaften er als Diplomat hat. Der Botschafter antwortet, dass die vielen Reisen im Ausland ihm viel Freude bereiten: „Die unglaublich einzigartigen Merkmale jeder Kultur kennenzulernen und auf Menschen aus allen Ecken der Welt zu treffen, erfüllt mich”. Gerade in Rumänien sei er davon begeistert, wie schön und vielfältig das Land sei und dass er in jeder Region nicht nur freundlich aufgenommen werde, sondern immer auch auf Spuren der engen Verbindung zwischen Rumänien und Deutschland stoße. Jedoch lässt er die Herausforderungen, die der Anpassungsprozess in jedem Land mit sich bringt, nicht unerwähnt, fügt aber ohne zu zögern hinzu, dass sie sich am Ende lohnen.

„Womit beschäftigt sich ein Diplomat?“

Bis jetzt haben wir uns mit dem Thema auseinandergesetzt, wie sehr der Diplomat seine Arbeit liebt, wobei er die Gelegenheit hat, ziemlich viel zu reisen und auch unser Land, Rumänien, kennenzulernen. Was aber natürlich auch wichtig und sehr wertvoll ist, ist die Arbeit, die er in seinem Büro erledigt, welche wir sehr wichtig finden, da es die Politik der ganzen Welt einbezieht. Er nennt seine Arbeit “erfüllend” und man kann das sehr gut verstehen. Erstens geht es viel um politische Kooperation, besonders aktuell, wenn wir den russischen Angriffskrieg in der Ukraine betrachten. Darüber hinaus muss man das politische Interesse des eigenen Landes vertreten, denn manchmal haben Debatten und Diskussionen einfach nicht die Ergebnisse, die man sich wünscht. Wie wir verstehen, ist die Rolle der Diplomaten fundamental, da sie den Frieden der ganzen Welt im Fokus behalten müssen. Aber auch die Kommunikation spiele eine große Rolle: Schmunzelnd gesteht Herr Dr. Gebauer seine Leidenschaft für den Fußball und ein bekanntes südwestdeutsches Team und weist darauf hin, dass auch Gespräche über Themen wie diese immer wieder Türen in der Konversation mit unterschiedlichsten Gesprächspartnern öffnen können.

„Wie beeinflusst die Desinformation die diplomatische Arbeit?”

Im weiteren Verlauf wechselt die Diskussion von der persönlichen Note zu einer informativen, da die Frage nach dem Einfluss der Desinformation in der diplomatischen Sphäre gestellt wird. Da er auch die für seine Arbeit erforderliche Vertraulichkeit wahren muss, kann der Botschafter hier nicht zu stark ins Detail gehen. Die russische Propaganda gegen die Ukraine, und damit gegen ganz Europa, wurde jedoch als negatives Beispiel für Desinformation angeführt. Er erklärt, wie Fake News, denen die Bürger in Russland und weltweit ausgesetzt sind, zu Desinformation führen. Auf diese Weise verstärke sich eine polarisierende, zum Teil aggressive Mentalität und somit auch das Problem im diplomatischen Bereich, dieser russischen Propaganda und Desinformation entgegenzuwirken.

„Begegneten sie auch Hindernissen in Ihrer Arbeit?”

Insgesamt müsse man erwähnen, dass eine solche Arbeit, auch abgesehen von der Problematik der Desinformation, im Allgemein sehr anstrengend sei. Obwohl man deutlich sehen könne, dass die Vorteile der Diplomatie überwiegen, dürfe man die Belastungen nie aus den Augen verlieren. Die Arbeit ist fordernd und die Themen, die debattiert werden, sind höchst wichtig, daher müsse man gut vorbereitet sein und sich jeden Tag mit den aktuellen politischen Ereignissen beschäftigen. In diesem Sinne könne man nie genug wissen, um schwere Situationen zu meistern. Außerdem müsse man im Sinn behalten, dass ein Diplomat auch in Konfliktgebieten agieren, die zum Teil die eigene persönliche Sicherheit gefährden.

„Was denken Sie über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine?"

Ein Thema, das vielfach angesprochen wird und wir entscheidend finden, ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, ein nicht zu rechtfertigender Krieg, der viele Menschen ohne ein Heim und teilweise sogar ohne ein Land gelassen hat. Dazu äußert sich auch unser Diplomat und bietet uns eine politische Innensicht an. Er meint, dass im Vergleich zu Russland Rumänien ein diplomatisches Vorbild sei, da wir uns vom Kommunismus getrennt haben und ein freies politisches System gewählt hätten, ausgerichtet nach dem Modell der Länder im Westen. Er besteht darauf, dass Russland die Geschichte nicht rückgängig machen dürfe, sondern die internationale Rechtsordnung wahren und die Souveränität der Ukraine achten müsse. Leider kann uns der Diplomat keine sehr positive Aussicht geben, da schwer vorherzusagen sei, wann der Krieg beendet werde. Dabei erklärte er auch, dass es Risiken gebe, dass ein Krieg wie dieser eskaliere, und man deshalb in die Nato investieren und die eigene Verteidigungsfähigkeit stärken müsse, um das zu vermeiden. Außerdem thematisiert er, dass Rumänien als Nachbarland der Ukraine stark vom Krieg berührt wurde und ein exzellenter Verbündeter sei. Dabei kann man die Überzeugung des Botschafters spüren, dass die Stärke Europas gerade darin bestehe, dass wir eine Meinungs- und Entscheidungsvielfalt in Freiheit haben, und niemand uns dieser berauben dürfe.

“Haben Sie eine Meinung zur aktuellen politischen Situation in Deutschland?”

Eine der letzten Fragen, die wir relevant finden, ist die Frage nach der Politik in Deutschland. Was uns natürlich schon bewusst ist, ist die Tatsache, dass Deutschland sich in einer sehr anderen politischen Lage als Rumänien befindet. Seit einigen Jahren spielt das Thema Migration eine wichtige Rolle, was auch zu einer Veränderung der Denkweise der Bürger und einem Zulauf zu rechtspopulistischen Parteien führte. Man wolle, so der Botschafter, die Verstärkung der Polarisierung in der Gesellschaft vermeiden, doch das sei eine komplexe Aufgabe, die von vielen Faktoren beeinflusst werde. Es gebe heute eine viel breitere Parteienlandschaft als je zuvor und jeder einzelne sollte sich für die Stärkung der Demokratie und Meinungsvielfalt einsetzen, damit Deutschland auch in Zukunft ein starker Partner im Herzen Europas bleibt.

...Schlussfolgerung

Schließlich beendet der Diplomat das Gespräch auf sehr positive Weise, wobei er mitteilt, wie beeindruckt er von der neuen Generation ist, von den Fragen, die ihm gestellt werden und den Themen, mit denen wir uns auseinandersetzen. Er empfiehlt uns, unseren Optimismus in unserem Leben weiter zu stärken und viele Partnerschaften zu schließen, denn wenn die Welt groß sei, sollte man auch größer denken und versuchen, das eigene Weltbild nicht zu beschränken.

Wir als Schülerschaft haben den Besuch des Botschafters als sehr inspirierend empfunden, da er so viele Schüler und Schülerinnen mit seiner freien und entspannten Art zu reden, seiner Aufgeschlossenheit und seiner nahbaren Persönlichkeit beeindruckt hat. Darüber hinaus waren seine Antworten höchst bemerkenswert und hilfreich, wobei der Diplomat sehr ausführlich gesprochen hat und seine Aufgaben auf eine anregende und offene Weise erklärte. Natürlich haben wir jetzt Köpfe, in denen es von aktuellen politischen Fragen nur so wimmelt. Letztlich wollen wir uns noch einmal für seine Arbeit und seinen Besuch bedanken sowie unsere Bewunderung ihm gegenüber ausdrücken und hoffen, dass in der Zukunft viele Jugendliche seinem diplomatischen und weltoffenen Beispiel folgen werden.
Veröffentlicht am 02.04.2024
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