Ein Lichtermeer voller Geschichten Das Laternenfest an unserer Schule
Autor: Grigore Sbarcea-Valeriu
Es war wieder so weit: An einem Novemberabend verwandelte sich unser Schulhof am deutschen Goethe–Kolleg in ein strahlendes Lichtermeer, das nicht nur Kinderaugen zum Leuchten brachte. Das traditionelle Laternenfest, auch bekannt als Sankt-Martins-Fest, vereinte Schüler, Lehrer und Eltern in einer feierlichen Atmosphäre voller Wärme und Gemeinschaft. In dieser zauberhaften Nacht ging es jedoch nicht nur um die Schönheit der Lichter, sondern auch um die tieferen Werte, die das Fest verkörpert: Nächstenliebe, Teilen und die Freude am Beisammensein.
Schon beim Betreten des Schulgeländes wurde man von einer einladenden Duftwolke empfangen, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Grundschulklassen hatten mit Geduld und Kreativität kleine Buden vorbereitet, wo selbstgemachte Köstlichkeiten angeboten wurden. Vom süßen Duft frisch gebackener Kekse über Zuckerwaffeln, bis hin zu rumänischen Hefekuchen – für jeden Geschmack war etwas dabei. Besonders beliebt waren die warmen Getränke: Kinder genossen und wärmten sich mit dampfendem Kinderpunsch und mit der mit Sahne reich beladenen heißen Schokolade
Das ist mein Lieblingsstand!“, rief ein kleiner Junge und deutete auf einen Tisch voller Lebkuchenherzen, die kunstvoll mit Zuckerglasur verziert waren.
Das bunte Treiben spiegelte den Geist des Sankt-Martins-Fests wider: Teilen und Großzügigkeit standen im Mittelpunkt. Jeder durfte sich bedienen, und niemand ging mit leeren Händen nach Hause. Auch durften sich die Kleinen und deren Eltern von dem Appetit der älteren Schuler nicht stören lassen, denn das Laternenfest repräsentiert ursprünglich den kompletten Alterszyklus am Goethe–Kolleg: In den kleinen Klassen bereitet man die ‘Speisen’ vor und die ‘Großen’ ließen es sich schmecken. Eines Tages werden aber alle mal groß und können davon profitieren können.
Ein weiteres Highlight des Abends war der große Projektor, der die Fassade unserer Schule in eine leuchtende Leinwand verwandelte. Farbenfrohe Bilder erweckten die Geschichte des Sankt Martin zum Leben und die Texte der Lieder ermöglichten allen Teilnehmenden singen zu können. Kinder und Erwachsene bestaunten gleichermaßen die kunstvollen Illustrationen, die wie lebendig wirkten.
Die musikalische Begleitung machte das Erlebnis perfekt. Bekannte Laternenlieder wie „Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne“ oder die besonders beliebte Passage „Rabimmel, rabammel, rabumm, bumm, bumm“ wurden von den Kindern voller Energie gesungen. Begleitet von derSchulband unter der Leitung von Musiklehrerin Adelina Olteant, erhoben sich die Stimmen zu einem harmonischen Chor, der die Dunkelheit erhellte. Selbst diejenigen, die anfangs nur zögerlich mitsummten, ließen sich schließlich von der Begeisterung anstecken.
Ganz wichtig und bedeutungsvoll beim Fest ist auch die Sankt–Martins–Geschichte.
Die berühmte Legende von Sankt Martin stammt aus dem 4. Jahrhundert. Martin von Tours war ein römischer Soldat, der später zum Bischof und Heiligen wurde.
Man erzählt, wie er eines kalten Winterabends einem frierenden Bettler begegnete. Ohne zu zögern, zerteilte Martin seinen Mantel mit dem Schwert und gab dem Mann eine Hälfte. Diese einfache, aber bedeutsame Geste der Nächstenliebe wurde zum Symbol für Mitgefühl und Solidarität. Die Geschichte schafft es Werte wie Mitgefühl und Großzügigkeit schon in den jungen Jahren zu vermitteln.
Der Höhepunkt des Abends war dann zweifellos der große Laternenumzug, als die Kleinen das Fussballfeld betraten. Mit ihren selbstgebastelten Laternen in der Hand zogen die Kinder durch den Eingang hinein. Jede Laterne war ein kleines Kunstwerk: Einige leuchteten in Form von Sternen oder Herzen, andere zeigten Tiere wie Eulen oder Füchse. Die Kinder liefen mit leuchtenden Augen, während Eltern mit Stolz die vielen kreativen Laternen bewunderten.
Das Laternenfest war nicht nur ein Ereignis, das Kinder begeisterte, sondern auch ein wichtiger Moment für die Gemeinschaft unserer Schule. Eltern und Lehrer arbeiteten Hand in Hand, um das Fest zu organisieren, und die Beteiligung war überwältigend. Die Vorbereitungen haben langegedauert, aber die strahlenden Gesichter der Kinder waren die größte Belohnung.
Das ist das, worum es bei Sankt Martin geht: Zusammenhalt, Wärme und ein offenes Herz.
Für viele war das Fest auch eine Gelegenheit, den hektischen Alltag hinter sich zu lassen und die einfachen Dinge zu genießen – das Lachen der Kinder, den Schein der Lichter und die Freude, Zeit miteinander zu verbringen.
Das Fest zeigte, wie wichtig Traditionen sind. Wir danken allen Helfern und Organisatoren, die dieses wunderbare Erlebnis möglich gemacht haben, und freuen uns schon auf das nächste Jahr. Dann heißt es wieder: „Rabimmel, rabammel, rabumm, bumm, bumm!“ – ein Ruf, der nicht nur den Abend erhellt, sondern auch für viele einige Melancholie sorgte. Viele der älteren Schüler dachten traurig: “Das ist jetzt mein letztes Laternenfest als Schüler!” – dabei bedenken sie aber nicht, dass sie ja jedes Jahr wiederkommen können, sei dies als Student oder vielleicht auch mal mit den eigenen Kindern. So, wie es zwei Passantinnen geschah: “Total zufällig hat uns das Schicksal hier geschoben”, sagten Krista und Karla Rickert, ehemalige Schülerinnen – Mutter und Tochter, 84und 55 Jahre alt. Die beiden spazierten in der Gegend, als sie von den Lichtern und dem Gesang angelockt wurden. Zufall? Auf keinen Fall!
Zusammenfassend lasst sich sagen, dass mit den Lichtern des Laternenfests ein Leuchten bleibt, das noch lange nachwirken wird – ein Zeichen dafür, dass selbst die kleinste Flamme die größte Dunkelheit vertreiben kann.