“Rumänien, wen wählst du?”

Autorin: Maia Pripiş

Die Präsidentschaftswahlen stehen vor der Tür. Mit den bereits angekündigten Terminen, dem 24. November für den ersten und dem 8. Dezember für den zweiten Wahlgang, stehen wir vor einer wichtigen Entscheidung: wen wollen wir wählen, um unser Land für die nächsten fünf Jahre zu vertreten?

Es besteht die Möglichkeit, dass die minderjährigen Leser sich fragen werden, ob ihre Stimme tatsächlich wertvoll ist, da sie nicht wählen dürfen. In dieser Hinsicht ist es von entscheidender Bedeutung, sich mit politischen Themen zu befassen, um eine fundierte Meinung zu entwickeln. Auch wenn man selbst nicht wählt, ist es unerlässlich, sich mit den politischen Positionen verschiedener Parteien auseinanderzusetzen, da letztendlich die Politik diejenige ist, die das Leben der Menschen beeinflusst. In diesem Sinne muss man als Jugendlicher trotzdem informiert sein und obgleich man volljährig ist oder nicht, kann man durch aktive Diskussion und Beteiligung an politischen Entscheidungen, seine Ansicht vertreten und einen Unterschied machen.

Um in den eigentlichen Artikel einzusteigen, muss einem klarsein, was die Aufgabe und die Rolle eines Präsidenten oder Präsidentin ist. Zu wissen ist, dass Rumänien eine semipräsidentielle Republik ist. Das bedeutet, dass sowohl der Präsident als auch der Premierminister sich aktiv mit der Verwaltung des Landes auseinandersetzen.

Die Amtszeit des Präsidenten ist fünf Jahre, kann aber in dringenden Fällen verlängert werden; jeder Präsident hat die Aussicht auf zwei Amtszeiten.

Der neue Präsident wird sein Amt am 21. Dezember antreten und folglich die Aufgabe haben, eine Regierung (wobei auch das Parlament zustimmen muss) und einen Premierminister zu ernennen.

Außerdem kann der Präsident auf Antrag des Premierministers Minister ihres Amtes entheben. Der Präsident schlägt auch die Kandidaten für die Leitung der Nachrichtendienste, des Rumänischen Nachrichtendienstes (SRI) und des Auslandsnachrichtendienstes (SIE) vor, über die das Parlament ebenfalls bestimmt. Auch die Leiter des Sicherheits- und Schutzdienstes (SPP) und des Sonderdienstes für Telekommunikation (STS) werden vom Staatsoberhaupt ernannt. Darüber hinaus ernennt er drei der neun Richter des Verfassungsgerichts.

Besonders wichtig ist aber die Gesetzgebung. Gesetze werden im Parlament initiiert, debattiert und verabschiedet. Nach der Verabschiedung in der Beschlusskammer werden die Gesetze dem Präsidenten zur Verkündung per Dekret innerhalb einer Frist von 20 Tagen zugeleitet.

Bei Einwänden kann das Staatsoberhaupt ein Gesetz zur erneuten Beratung an das Parlament zurückverweisen, allerdings nur einmal. Das Parlament hat des Weiteren die Möglichkeit, den Antrag des Präsidenten abzulehnen. Bemerkenswert ist, dass der Präsident das Parlament auflösen kann. Wenn also das Parlament nicht innerhalb von 60 Tagen nach dem ersten Vorschlag für die Regierung sein Vertrauensvotum gegeben hat, und der Präsident mindestens zwei Vorschläge für den Premierminister abgelehnt hat, besteht die Alternative, das Parlament aufzulösen. Dennoch kann das Parlament nur einmal im Jahr und nicht in den letzten sechs Monaten der Amtszeit des Präsidenten aufgelöst werden.

Weiterhin ist eine entscheidende Rolle des Präsidenten das Vertreten Rumäniens (bei nationalen Sitzungen zum Beispiel). In diesem Kontext verhandelt er und schließt Verträge mit anderen Ländern ab. Außerdem ernennt er auch Botschafter auf Vorschlag der Regierung.

Darüber hinaus ist der Präsident auch der Oberbefehlshaber der Armee. Er kann den Krieg erklären, aber auch diese Entscheidung muss vom Parlament genehmigt werden. Der Präsident verhängt eine Ausgangssperre oder den Ausnahmezustand, die ebenfalls vom Parlament gebilligt werden müssen.

Es stellt sich jedoch die Frage, welche Konsequenzen folgenwürden, sollte der Präsident seinen Verpflichtungen nicht nachkommen. Wenn der Präsident gegen die Verfassung verstößt, können die Abgeordnetenkammer und der Senat ihn nach Anhörung des Verfassungsgerichts durch gemeinsame Abstimmung seines Amtes entheben. Wird der Vorschlag zur Abberufung des Präsidenten angenommen, wird innerhalb von 30 Tagen ein Referendum zu seiner Amtsenthebung durchgeführt. Er kann auch abgesetzt werden, wenn er des Hochverrats beschuldigt wird.

Es ist außerdem festzuhalten, dass der Präsident nicht die gesamte exekutive Macht innehat, da er sich mit dem Premierminister beraten muss und die Zustimmung des Parlaments oder der Regierung benötigt. Zudem ist er nicht befugt, Gesetze vorzuschlagen, und hat keinen Einfluss auf die Staatsfinanzen. Obwohl ihm die legislative Gewalt fehlt, kann er mit einer kompetenten Regierung zusammenarbeiten, um seine Ideen zu implementieren. Seine Möglichkeiten sind also, öffentlichen Druck auszuüben und Regierungsplänevorzuschlagen.

Für die nun anstehende Wahl haben sich folgende Kandidaten beworben. In Klammern sind aktuelle Umfragewerte angegeben.

  • Marcel Ciolacu (PSD) – 29%
  • Nicolae Ciucă (PNL) – 19%
  • George Simion (AUR) – 17 %
  • Elena Lasconi (USR) – 16%
  • Mircea Geoană – 9% (INDEPENDENT)
  • Kelemen Hunor (UDMR) – 1%
  • Ludovic Orban (Forţa Dreptei) – 1%
  • Călin Georgescu – 1% (INDEPENDENT)

Marcel Ciolacu (PSD) – ist der gegenwärtige Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei, der Premierminister (seit 2023) und der ehemalige Präsident der Abgeordnetenkammer. Er vertritt eine traditionelle Position, wobei sein besonderes Interesse einer älteren Gesellschaftsgruppe gilt. In diesem Kontext unterbreitet er Vorschläge für Reformen im Sozial- und  Wirtschaftsbereich (zum Beispiel Erhöhung der Rente). Eine Kontroverse, die sich um seine Person rankt, ist die Frage, ob er sein Hochschulstudium absolviert hat oder nicht. Es ist bemerkenswert, dass die betreffende Partei im Rahmen ihrer Strategie den größten Anteil der staatlichen Fördermittel für die Werbekampagne aufgewendet hat.

Nicolae Ciucă (PNL) –  ist der ehemalige Premierminister und Verteidigungsminister Rumäniens und verfügt über einen militärischen Hintergrund. Zudem vertritt er pro-europäische Werte und betont die nationale Sicherheit. Seine Zielgruppe ist eher die Mittelschicht, anders als die PSD, die sich an Menschen in schwierigen Umständen (z. B. auf dem Land) wendet. Die Partei verspricht auch finanziellen Fortschritt und zielt auf die in der Wirtschaft tätige Bevölkerung ab. Dennoch wird Ciucă dafür kritisiert, dass es ihm an rednerischen Fähigkeiten mangele, welche besonders wichtig für seine Rolle wären. Er hat außerdem nicht studiert, sondern lediglich eine Privatschule abgeschlossen.

 

George Simion (AUR) – ist Ko-Vorsitzender der Allianz für die Union der Rumänen und ist für seine nationalistischen und konservativen Botschaften bekannt. Sein politisches Programm fokussiert auf die Stärkung der nationalen Souveränität, die Förderung traditioneller Werte sowie eine skeptische Haltung gegenüber ausländischen Einflüssen und gegenüber Ausländerinnen und Ausländern im Allgemeinen. Unter allen Kandidaten ist er der konservativste, wobei er auch teilweise offen frauenfeindlich auftritt und sich gegen Abtreibung ausspricht. Die von AUR übermittelten Nachrichten für die Kampagne sind radikal, einfach und oftmals manipulativ im Sinne von Nationalismus und traditionellen Wertekodex. Es kann behauptet werden, dass seine Wahlkampagne in vielen Aspekten gegen das Gesetz verstößt.

Elena Lasconi (USR) – ist ehemalige Journalistin, derzeit Bürgermeisterin von Câmpulung Muscel und kandidiert mit einer prodemokratischen und antikorrupten Plattform. Ihr politisches Programm umfasst einen proeuropäischen und protransparenten Ansatz in der öffentlichen Verwaltung. Obschon sie sich als “Mitte-Rechts” auf dem politischen Spektrum verortet, hat sie zahlreiche Initiativen ergriffen, die eher der linken Mitte zuzuordnen sind. Exemplarisch sei hier die Abschaffung der Steuer für arbeitende Jugendliche genannt. Des Weiteren ist ihre Kampagne unklar, da sie abstrakte Stellungnahmen gegenüber dem Progressismus formuliert, um an einer größeren Masse zu gelangen. Eine Kontroverse besteht darin, dass sie sich als Pro-Freiheit, aber nicht unbedingt als Pro-Progressismus bezeichnet, weswegen viele Jugendliche ihr gegenüber skeptisch sind.

Mircea Geoană (INDEPENDENT) – ist ehemaliger Außenminister und Senatspräsident.  Sein letzter beruflicher Posten war der des Generalsekretärs der NATO.

In diesem Sinne, begann seine politische Laufbahn in der Sozialdemokratischen Partei (PSD), deren Vorsitzender er von 2005 bis 2011 war. Folglich kandidierte er bei den Präsidentschaftswahlen 2009 für die PSD, unterlag jedoch Traian Băsescu.

Im Hinblick auf die Wahlen propagiert Geoană ein Programm des “tiefgreifenden Wandels” und der “nationalen Wiedergeburt”, welches auf die Modernisierung Rumäniens und die Stärkung der nationalen Sicherheit abzielt. Dabei legt er Wert auf Digitalisierung und Effizienzsteigerung der öffentlichen Institutionen. Er wird jedoch aufgrund seiner pro-russischen Orientierung von einigen Seiten kritisiert.

Schließlich ist zu hoffen, dass dieser Artikel dazu beigetragen hat, die eigene Meinung zu konkretisieren, oder mindestens einen informativen Mehrwert geboten hat. Zunächst wird empfohlen, die eigene Vernunft zu achten und sich weiter zu informieren, wobei eine kritische Haltung eingenommen werden sollte. Des Weiteren wird darauf verwiesen, sich auf offiziellen Websites zu informieren, wobei man insbesondere Fake News und Propaganda vermeiden sollte. In den sozialen Medien sind beispielsweise folgende Plattformen geeignet, um sich zu informieren:

Die genannten Quellen dienen im Übrigen der Organisation von Diskussionen und Debatten, welche darauf abzielen, das Volk zu informieren. Jugendliche sind ausdrücklich eingeladen, sichdaran zu beteiligen.

11.2.24

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