Politisch (des)interessiert? Demokratiecheck für Jugendliche
Autorin: Maria Mihai
Illustration: Ciobanu Mara
„Warum machst du immer alles politisch?“, „Können wir nicht einfach über etwas anderes reden?“, „Politik interessiert mich nicht.“
Das sind nur einige der Reaktionen, auf die man stoßen kann, wenn man über aktuelle Themen der Zivilgesellschaft diskutiert. Für die einen mag das der Normalfall sein, andere mögen frustriert sein, weil sie ohne Offenheit für die Debatte keine Lösung für die komplexen Fragen finden können.
Man kann den Einzelnen nicht pauschal für seine Haltung verurteilen, egal, wie sie aussieht und ob man ihr zustimmt oder nicht. Denn sie ist von einer Vielzahl unterschiedlicher sozialer Faktoren geprägt, die sich nur schwer voneinander trennen lassen. Welche Informationsquellen werden am häufigsten genutzt, welche Themen werden als besonders relevant empfunden (oder nicht) und wie gut fühlen sich die Jugendlichen informiert? Das waren die Punkte, die wir auch mit einer Umfrage unter Schüler:innen im Alter von 15 bis 17 Jahren in der DSA versucht haben, zu klären. Die gesamte Untersuchung kann hier als PDF-Datei angeschaut werden. Vielleicht hast auch du ja auch selbst daran teilgenommen! Die Ergebnisse geben uns keinen Einblick in deine Meinungen, denn keine Sorge, die Antworten waren natürlich anonym. Sie haben uns aber dazu veranlasst, uns einen Überblick über die politische Landschaft der Jugendlichen bei uns an der Schule zu verschaffen und eine eindeutig notwendige Diskussion über Verbesserungsmöglichkeiten anzuregen.

Rund 40 Prozent der Jugendlichen fühlen sich im Allgemeinen teilweise über aktuelle politische und gesellschaftliche Themen informiert und nutzen dafür auch gelegentlich, also mehrmals im Monat, aktiv verschiedene Quellen, so unsere Befragung von 85 Schüler:innen Ende März. Vielleicht wenig überraschend ist die Erkenntnis, dass die Jugendlichen am meisten interessiert waren und sich am besten informiert fühlen über die aktuellen Präsidentschaftswahlen mit rund 40 bzw. 60%. Angesichts der ständigen Veränderungen und Spannungen mit den verschiedenen politischen Akteuren, die auch in den vorhergehenden Artikeln (Link) behandelt wurden, ist es auch verständlich, dass die internationalen Beziehungen an zweiter Stelle stehen (ca. 24% bzw. 14%). Insofern können diese beiden Antwortmöglichkeiten nicht ganz getrennt betrachtet werden, da durch die Wahlen vielfältige Prioritäten der Bevölkerung angesprochen werden können.

So zeigt eine Studie des Europäischen Parlaments, das Europabarometer, das im Winter dieses Jahres bei einer Stichprobe von rund 25.000 Personen, proportional zur Bevölkerung der Länder, durchgeführt wurde, dass 51% der Rumänen eine positive Einstellung zur Europäischen Union haben. 44% sind der Meinung, dass das Europäische Parlament seinen Fokus dabei besonders auf die Inflation und die Lebenshaltungskosten richten sollte.

Diese Feststellungen stimmen mit unseren Ergebnissen überein, dass etwa 14% der Schüler:innen sich am meisten für das Thema Wirtschaft interessieren. Diese und andere Themen bestimmen die Dynamik der Gesellschaft und sind daher für die Zukunft der Jugendlichen von entscheidender Bedeutung. Dennoch fühlen sich nur etwa 6% der Befragten am besten über das Thema Wirtschaft informiert, und tendenziell fühlen sich nicht alle am besten über das Thema informiert, das sie auch am meisten interessiert. Aber woher beziehen die Jugendlichen überhapt ihre Informationen?
Fast 50% der Schüler:innen gaben an, dass Gespräche mit der Familie und mit Freunden am häufigsten geführt werden, um sich über diese Themen zu informieren. Nachrichtenmedien und News-Websites sind mit etwa 30% die am zweithäufigsten genutzte Informationsquelle. Die Häufigkeit, mit der sich die Schüler:innen darüber aufklären, variiert jedoch: Rund 35 Prozent nutzten Gespräche gelegentlich und 30 Prozent digitale Nachrichtenmedien mehrmals pro Woche.
Soziale Medien, ein häufig diskutiertes Thema im Zusammenhang mit Fake News, werden unterschiedlich genutzt. Während rund je 20% der Befragten auch Social-Media-Accounts von Nachrichtenmedien nie, einmal im Monat oder mehrmals nutzen, ist bemerkenswert, dass rund 50% Accounts von Institutionen und NGOs mit Fokus auf Politik und Gesellschaft nie nutzen. Sogar 60% haben noch nie Accounts von politischen Parteien genutzt. Social-Media-Accounts von Influencern ohne primäre politische oder journalistische Ausrichtung sowie Inhalte von Bekannten oder zufällig im Feed auftauchende Inhalte werden von den meisten ebenfalls nur selten genutzt. Wie sieht es dann mit der Glaubwürdigkeit der Quellen aus?

Eine EP-Jugendstudie ergab, dass etwa 45% der rumänischen Jugendlichen zwischen 16 und 30 Jahren glauben, dass sie in der letzten Woche oft oder sehr oft falsche Nachrichten wahrgenommen haben. In unserer Umfrage wurde festgestellt, dass rund 60% der Schüler:innen manchmal die Informationen aus Social-Media oder Websites überprüfen. Diese Art von Quellen kann nie absolut vertrauenswürdig sein, aber die Vermittlung von Wissen über die Zivilgesellschaft durch den Schulunterricht sollte in den Augen einiger Befragten ein zuverlässiger Weg sein, sich zu informieren. Etwa die Hälfte der Jugendlichen hat jedoch nie oder nur selten (zivilgesellschaftlichen) Unterricht in der Schule oder Gespräche mit Lehrern im Allgemeinen genutzt.
Dabei könnte dies ein zuverlässiger Weg zur politischen Aufklärung sein, wenn die Bedeutung der Schulbildung erkannt würde. Einige sind immer noch der Meinung, dass sich das Bildungssystem nicht in die politische Bildung der Jugendlichen einmischen sollte und dass dies im familiären Umfeld geschehen sollte. Sowohl Eltern als auch Lehrer sind jedoch anfällig für persönliche Vorurteile und könnten die Schüler:innen indirekt in eine bestimmte Richtung lenken. So sollte ein Unterrichtsfach Politik auch in späteren Schuljahren dazu dienen, die Jugendlichen differenziert zu bilden und zu einem ausgewogenen Urteil zu befähigen.
In einer Welt, in der wir ständig mit möglicherweise widersprüchlichen Informationen aus verschiedenen Richtungen konfrontiert werden, ist die Fähigkeit, kritisch zu denken und Informationen zu hinterfragen, unabdingbar, um sich verlässliches politisches Wissen anzueignen. Indem wir unsere Demokratie auf den Prüfstand stellen, gestalten wir unsere Zukunft. Nicht nur in Wahlkampfzeiten, sondern grundsätzlich.